„Schwimmbad und Sauna befinden sich im Untergeschoss und sind im Preis inbegriffen“, erklärt die Hotelangestellte. „Ach, und der Schutzbunker befindet sich ebenfalls im Untergeschoss.“ Damit ist der Check-in im Nadiya Palace in Ivano-Frankivsk abgeschlossen.
Nach einer kurzen Nacht im Zug beginnt unser erster Tag in der West-Ukraine. Gemeinsam mit Werner Nuber und Jürgen Schipek bin ich hier, um Wohnungsbauprojekte zu erkunden. Ivano-Frankivsk ist unser erster Stopp, eine Stadt, die viele Binnenvertriebene aufgenommen hat.
Vier Wände für 1.500 Menschen
Untergebracht sind wir im eleganten Nadiya Palace – nicht zu verwechseln mit einem gleichnamigen Hotel in der Stadt. Dort treffen wir unsere Ansprechpartnerin Anastasiya Ponomaryova, die wir Nastja nennen. Sie ist Architektin und Projektkoordinatorin bei Co-Haty, einer ukrainischen Wohltätigkeitsorganisation, die leerstehende öffentliche Gebäude in Wohnraum für Binnenvertriebene verwandelt.
Laut Nastja hat Co-Haty bislang sieben Gebäude renoviert, in denen über 1.500 Menschen untergebracht sind. Gemeinsam besichtigen wir zwei bereits abgeschlossene Projekte sowie ein drittes, das sich noch im Umbau befindet. Wir haben Gelegenheit, mit Bewohnerinnen und Projektverantwortlichen zu sprechen.

Das ist herausfordernd. Zunächst sprachlich: Viele sprechen nur Ukrainisch. Ich stelle meine Fragen auf Russisch, die Antworten kommen auf Ukrainisch zurück. Vieles verstehe ich nur bruchstückhaft; manchmal übersetzt Nastja. Auch emotional ist es nicht leicht. Julia, die für die Öffentlichkeitsarbeit bei Co-Haty zuständig ist, bittet mich um Vorsicht: Manche Fragen könnten bei den Geflüchteten Traumata auslösen.
Eine stille Trauer
Eine Frau brutzelt ein Stück Fleisch in der Pfanne, ein junger Mann schneidet eine Tomate. Aber es ist ruhig in der Gemeinschaftsküche, ich spüre eine stille Trauer. Viele Menschen hatten einst ein eigenes Haus – jetzt teilen sie sich Bad und Küche mit Fremden. Und doch ist es weit mehr als nichts: Ein geschützter Raum, ein Dach über dem Kopf.
Ausführlicher werde ich in journalistischen Texten über diese Begegnungen berichten. Für heute geht es für uns zurück ins Hotel. Wir lassen den Tag im Restaurant „Omnivore“ im ersten Stock ausklingen. Klassische Klaviermusik ist zu hören, weißer Stuck ziert die Decke, Lemberger Wodka wird serviert. Gespräche kreisen um das Erlebte.

Ein starker Kontrast zu den Unterkünften der Geflüchteten. Ist das nicht ungerecht, wie unterschiedlich die Lebensumstände sind? Ja. Aber genau deshalb ist sozialer Wohnungsbau in der Ukraine ein zentrales Thema. Menschen brauchen nicht nur vier Wände, sondern auch Begleitung durch Sozialarbeit, Unterstützung bei Konflikten und eine Perspektive.
Dann können Wunden heilen, und die Menschen können wieder arbeiten, sich und ihren Familien etwas aufbauen. Ob sie irgendwann nach Luxus streben, ist eine individuelle Frage. Aber Stabilität ist der Anfang.

Übrigens: Ein Aufenthalt im Nadiya Palace heißt nicht automatisch, dass die Gäste sehr wohlhabend sind. Auch für besondere Anlässe wird hier gefeiert. Am Morgen sehen wir eine Hochzeitsgesellschaft beim Frühstück. Ja, sie haben gefeiert, berichten die Brautleute, aber ohne Band. „Das wäre in Kriegszeiten nicht angemessen.“
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