Ein Stück Heimat: 4 Gründe, warum ich mich in Polen wohl fühle

Endlich mal wieder Reisen! Zwei spannende Wochen habe ich in Polen verbracht und eine überraschende Entdeckung gemacht: Obwohl ich das Land bisher nur selten besucht habe, fühlte es sich für mich „heimelig“ an. Warum, das erfahrt Ihr in diesem Beitrag.


Die Zeit in Polen war kein reiner Urlaub, sondern eine sogenannte „Workaction“. Das heißt, ich habe teils gearbeitet und teils Urlaub gehabt. Dies war eine komplett neue Erfahrung für mich, angelehnt an den Lebensstil des digitalen Nomaden, dessen Arbeitsort variabel ist – er braucht nur einen Computer, Internet, und schon kann er praktisch von überall aus arbeiten.

Man kann viel darüber diskutieren, was „Heimat“ ist. Eine persönliche Erkenntnis meiner Reise: Obwohl ich Polen eigentlich nicht so gut kenne, fühlte es sich für mich sehr „heimelig“ an; in dem Sinne, dass mir Vieles bekannt vorkam, vertraut. Was genau, das habe ich hier zusammengetragen.

  1. Freunde fürs Leben

Was war es für eine Freude, Paulina und Diego wieder zu sehen. Vor drei Jahren hatte ich die beiden zuletzt gesehen, bei ihrer Hochzeit in Warschau. Und nun durfte ich in ihrer Wohnung im Arbeitszimmer übernachten. Die beiden waren eigentlich auch der Grund, warum ich mich für Polen entschied. Denn was gibt es Schöneres als in der Fremde bekannte Menschen zu haben, die einem die Stadt zeigen.

Paulina kenne ich von meinem Studium in Freiburg. Und wir lebten beide gleichzeitig in Mexiko, sie in Querétaro, ich in Puebla. Dort lernte sie auch ihren jetzigen Mann, Diego, kennen.

Ich fühlte mich sehr wohl in diesem internationalen, vielsprachigen Haushalt. Normalerweise sprachen wir Englisch, aber Paulina spricht auch sehr gut Deutsch, und natürlich hörte man auch hin und wieder Spanisch. Die beiden leben im Norden Warschaus in einem Neubau – die Häuser nebenan werden erst noch gebaut, daher drang häufig das Klappern des Krans und Rufe der Bauarbeiter durchs Fenster hinein. Auf der anderen Straßenseite befindet sich das Einkaufszentrum Galeria Północna.

In der ersten Tagen arbeitete ich von der Wohnung aus, im Arbeitszimmer, mit Blick auf zahlreiche Balkone. Zur Mittagszeit fragten mich meine Freunde, ob ich Hunger hätte. Die Antwort lautete natürlich: „Ja.“ Und dann gab es wahlweise Sandwiches mit Guacamole oder polnische Spezialitäten, wie etwa Fleisch in Kapusta (Kraut) eingewickelt.

Paulina und Diego zeigten auch Interesse an veganem Essen. So ernähre ich mich meistens und war positiv überrascht, wie viele Möglichkeiten ich im traditionell eher fleischlastigen Polen hatte. Und so aßen wir einmal im Restaurant „Uki Green“ veganen Ramen, die japanische Suppe. Diego wählte scharfes Sojafleisch, das ihm gut schmeckte.

Und überhaupt war es schön, meine Freunde nach drei Jahren wieder zu sehen. Zu hören, wie sich Geschichten von damals weiter entwickelt haben. Zu scherzen. Und ehrlich über Probleme zu sprechen.

2. Hunde fürs Leben

Ein Wiedersehen hat es auch mit dem Hündchen Frolik gegeben – und natürlich mit Herrchen und Frauchen. Er ist er der Hund von Paulina und Osama. Diese Paulina ist eine Freundin von Paulina, die auch in Freiburg studierte und die ich damals auch kennen lernte.

Als ich für die Hochzeit von Paulina und Diego nach Polen kam, war ich bei Paulina und ihrem Freund Osama zum Abendessen eingeladen, und nun waren Paulina und ich zusammen bei ihnen zu Gast.

Ob mich Frolik nun wiedererkannte oder nicht: Er freute sich wie ein Schneekönig und stürzte vor die Tür, als Paulina und ich klingelten. Voller Freude und Neugier sprang er an uns hoch. Von dieser kindlichen Unschuld könnte sich so manch ein Erwachsener etwas abschauen. Jedenfalls suchte Frolik meine Nähe – auch, als Paulina (jene, die ebenfalls zu Gast war) ein Missgeschick passierte. Sie hielt das Hündchen im Stehen bei sich an der Brust und ließ es dann aber aus Versehen fallen. Der kleine Frolik fiel auf den Rücken und jaulte auf, vor Schmerz oder vor Überraschung. Und er flüchtete und zog sich an meinen Beinen zurück.

Bei mir fühlte sich Frolik offensichtlich sicher. Aber bald kehrte auch wieder sein Vertrauen in Paulina zurück. Das hilft beiden Seiten – denn wenn Paulina und Osama im Urlaub sind, wird der Hund wieder bei Paulina und Diego unterkommen.

3. Eine bekannte Sprache

Vertraut kam mir auch die polnische Sprache vor, die gewisse Ähnlichkeiten zum Russischen aufweist. An der Uni Freiburg und in Russland hatte ich jene ostslavische Sprache gelernt. Dies half mir in Polen des Öfteren weiter.

Ein einfaches Beispiel: Das polnische Wort „rynek“ heißt auf Deutsch „Markt“. So heißt in Polen meist der zentrale Platz in einer Stadt, selbst wenn sich dort heutzutage kein Markt mehr befindet. Auf Russisch ist „rynek“ „рынок“ [rynok]. Das konnte ich mir leicht herleiten.

Gewöhnungsbedürftig fand ich hingegen das charakteristische durchgestrichene „l“, das eher wie eine „u“ ausgesprochen wird, wie etwa in „Galeria Północna“. Routinemäßig sprach ich diesen Buchstaben wie ein „l“. Da braucht es wohl etwas mehr Übung.

4. Neue Freunde

Einen Teil meiner zweiwöchigen Reise verbrachte ich in Krakau. Dabei lernte ich in meiner Unterkunft ein russisches Paar kennen, Katja und Andrej. Wir verbrachten viel Zeit miteinander und ich hatte mal wieder die Gelegenheit, Russisch zu sprechen.

Die beiden lernten sich während des Studiums der Meteorologie kennen und arbeiteten danach als Wetterkundler am Flughafen in Mineral’nye Vody – bis der Krieg in der Ukraine im Februar 2022 eskalierte. Innerhalb kürzester Zeit entschieden sie sich, nach Polen zu flüchten. Andrej hat polnische Vorfahren, was die Einreise erleichterte. Seitdem wohnen und arbeiten sie in Breslau. Für ein paar Tage kamen sie nach Krakau, um Urlaub zu machen.

Unsere Unterkunft war ein bisschen seltsam, darin waren wir drei uns einig. In dem Altbau nahe der Altstadt wohnte die Vermieterin mit ihrem Freund, sie bot zwei Zimmer auf Airbnb an. Als ich die beiden zum ersten Mal traf, kamen sie betrunken nach Hause. Die Wohnung war dunkel, alles sehr alt, viel Krimskrams lag herum, etwa ein Totenkopf und ein altes deutsches Buch über Kunstgeschichte. Das Radio in der Küche lief 24 Stunden am Tag. Ich dachte erst, dies sei ein Versehen, aber als ich es ausschaltete, schaltete es die Vermieterin bald wieder an.

Wir drei lernten uns also am Morgen in der Unterkunft kennen und wir entschieden uns, zusammen einen Ausflug nach Tarnów zu machen, eine Stadt, die rund eine Stunde mit dem Zug von Krakau entfernt liegt.

Es war so schön, gemeinsam diese Stadt zu entdecken und sich über Gott und die Welt auszutauschen – über Polen, Sprachen, Geschichte und so weiter. Wir sprachen auch über Mineral’nye Vody, eine Stadt im Kaukasus, deren Name auf Deutsch schlicht „Mineralwasser“ bedeutet. Diese Gegend ist bekannt für ihre Mineralwasserquellen. Dorthin hatte ich während meiner Studienzeit im russischen Voronež eine Exkursion gemacht.

Ich hatte es vermisst, auf Russisch zu sprechen. Es klappte besser, als ich gedacht hätte. Klar, ich machte Fehler, konnte mich aber so ausdrücken, dass mich die beiden verstanden. Und so fühlte sich auch mein „russischer Teil“ heimisch.


Es waren zwei schöne und inspirierende Wochen in Polen, ein Land, das mir jetzt einmal mehr vertraut ist. Ich realisierte, dass ich Mittelosteuropa noch besser kennen lernen möchte. Und das werde ich auch: Im Oktober nehme ich an einer Journalistenreise ins litauische Vilnius teil.

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